Amtsgericht Zwickau gibt Sparkassenkunden Recht – Kündigung von „S-Prämiensparen flexibel“ unwirksam

Erstmals hat ein Gericht betroffenen Sparkassenkunden bei einem Sparvertrag „S-Prämiensparen-flexibel“ Recht gegeben und die Kündigung der Sparkasse Zwickau als rechtswidrig erachtet:
„Es wird festgestellt, dass der auf die Klägerin lautende Prämiensparvertrag Nr.xx durch die Kündigungserklärung der Beklagten vom 17.07.2017 nicht beendet worden ist“, so das Gericht in seinem Urteil aus Juni 2018.Die von der Verbraucherzentrale Sachsen unterstütze Klägerin hatte 1999 mit der Sparkasse Zwickau einen Sparvertrag „S-Prämiensparen-flexibel“ abgeschlossen. Vereinbart war eine monatliche Einzahlung von 100 DM. Die Spareinlage sollte variabel verzinst werden, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit 3%. Daneben verpflichtete sich die Sparkasse und hierauf kam es der Sparerin an, am Ende eines jeden Kalenderjahres eine verzinsliche Prämie zu zahlen. Nach der im Vertrag aufgeschlüsselten Prämienstaffel sollte die Prämie ab dem 3. Sparjahr 3% betragen und dann bis ab dem 15. Sparjahr auf die Höchstprämie von 50% ansteigen. Der Sparvertrag war als langfristige Geldanlage abgeschlossen, die der Klägerin eine zusätzliche Altersvorsorge sichern sollte. Beworben wurde der Sparvertrag „S-Prämiensparen-flexibel“ mit einem Werbeflyer, der von einer 25-jährigen Laufzeit ausgeht.
Nachdem die Sparkasse den Vertrag sodann bereits 2017 kündigte, widersprach die Sparerin der Kündigung und legte vor dem Amtsgericht Zwickau Klage mit dem Ziel ein, den Vertrag weiterlaufen zu lassen.
Zu Recht, wie das Amtsgericht in einem aktuellen Urteil nun entschieden hat:
„Nach Auffassung des Gerichts liegt eine Befristung auf 99 Jahre vor. Dies ergibt sich aus der Anlage K2. Dort ist unter Ziffer 4 ausdrücklich eine Laufzeit von 1.188 Monaten angegeben. Entgegen der Auffassung der Beklagten (Sparkasse) liegt eine wirksame Befristung vor. Insoweit ist unbeachtlich, ob die Beklagte es aufgrund der Unzulänglichkeit ihrer EDV nicht schaffte, einen unbefristeten Vertrag zustande zu bekommen“.
Und weiter führt das sächsische Gericht aus: „Zwar ist es richtig, dass im Laufe der Laufzeit des Sparvertrages sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen derart änderten, dass auf dem Kapitalmarkt nur noch geringe Zinsen gezahlt werden, so dass der Sparvertrag für die Beklagte (Sparkasse) nach und nach immer unwirtschaftlicher wurde, jedoch ist dies ein Risiko, das die Beklagte (Sparkasse) bewusst einging. Insoweit handelt es sich jedenfalls solange die Beklagte (Sparkasse) nicht in wirtschaftliche Schwierigkeiten gelangt, nicht um einen wichtigen Grund, um den Vertrag kündigen zu können.
Allenfalls wäre daran zu denken gewesen, dass das negative Zinsumfeld einen Vertragsanpassungsgrund im Sinne von § 313 BGB darstellt. Der Beklagten hätte es oblegen, nicht sofort mit der schweren Keule der Kündigung einzugreifen, sondern zu versuchen, den Vertrag anzupassen“. In Sachsen haben die Verbraucherzentrale bzw. die einzelnen Betroffenen eine Vielzahl von Klagen bei Gericht eingereicht. Nach Angabe der Verbraucherzentrale Sachsen liegen den Klagen verschiedene Fallkonstellationen von Prämiensparverträgen zu Grunde, so etwa schriftliche Vereinbarungen, wonach explizit eine über den Kündigungszeitpunkt hinausgehende Laufzeit fixiert ist. Auch Verträge, aus denen keine ausdrückliche Laufzeitvereinbarung hervorgeht, wurden vor Gericht gebracht. Nach Ansicht der sächsischen Verbraucherschützer ist Ziel all dieser Verträge, der langfristige Vermögensaufbau. Mit den zugesicherten Prämienstaffeln wurden die Kunden zum langfristigen Sparen motiviert. Die Kunden konnten sich somit auf eine unbefristete Einzahlung einstellen. So sind auch die Werbeflyer, die Laufzeitberechnungen und die Kontoauszüge ausgelegt.„Die Entscheidung des Gerichts aus Zwickau sollte auch die Sparer in Brandenburg ermutigen, denen die Sparkasse Märkisch-Oderland die Prämiensparverträge zum 30.09.2018 gekündigt hat, so Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Dr. Storch in seiner Einschätzung. Auch wir sind nach Sichtung einer Vielzahl von Unterlagen zu der Einschätzung gelangt, dass die Verträge-Prämiensparen-flexibel“ durchaus langfristig angelegt waren und nicht schon nach 15 Jahren Laufzeit von der Sparkasse Märkisch-Oderland einfach gekündigt werden durften. Dr. Storch, der ca. 50 betroffene Sparer anwaltlich vertritt, begründet dies damit, dass die Sparkasse Märkisch-Oderland Renditeberechnungen über eine Laufzeit von 25 Jahren erstellt und den Sparer ausgehändigt hat, sie explizit auch Laufzeiten von 99 Jahren vereinbart hat und das selbst die involvierten Sparkassenmitarbeiter von extrem langfristigen Laufzeiten ausgegangen sind, gleich einem 6er im Lotto oder Goldstaub, so die Erinnerungen unserer Mandanten“.