Sparkassen gestehen ein, zu wenig Zinsen zu zahlen – Prämiensparverträge betroffen


Der Ostdeutsche Sparkassenverband (OSV) beabsichtigt, eine Schlichtungsstelle für Kunden einzurichten, die in ihren Sparverträgen falsche Zinsberechnungen vermuten. Der geschäftsführende Präsident des Verbandes sagte in einem Gespräch mit der „Umschau“: „Bevor alle zum Bundes-Ombudsmann gehen müssen, werden wir hier eine Schlichtungsstelle einrichten, an die Kunden sich wenden können, wenn sie glauben, dass sie an dieser Stelle von ihrer Sparkasse ungerecht behandelt worden sind.“

Dr. Storch erhebt Musterklage zur Zinsnachzahlung

„Wir die Kanzlei DR. STORCH & Kollegen erachten dies als Schuldeingeständnis dafür, dass die Sparkassen tatsächlich flächendeckend, insbesondere bei langfristigen Sparverträgen (S-Prämiensparen flexibel), weitaus zu geringe Sparzinsen gezahlt haben. Denn freiwillig würden die Sparkassen niemals eine Schlichtungsstelle einrichten, so der Fachanwalt Dr. Storch. Allerdings, so betont Dr. Storch, der Sparkassenkunden anwaltlich vertritt, reicht das nicht aus. Denn die bankeigenen Schlichtungsstellen sind keineswegs neutral, sie berechnen die Zinsnachzahlungen zu gering oder erachten diese (fälschlicherweise) als verjährt. Wir werden daher weitere Musterklagen auf Zinsrückzahlung einreichen, damit Rechtsklarheit geschaffen wird und Sparkassenkunden nicht wiederum, wie bei den Kündigungen der Verträge, mit billigen Angeboten abgespeist werden“.
Die Verbraucherzentrale Sachsen hat inzwischen etwa 1000 Sparkassen-Prämiensparverträge geprüft und fast alle Verträge weisen im Durchschnitt einen nachträglichen Zinsanspruch zwischen 2.000 bis 3.000 Euro pro Vertrag auf. Die „Umschau“ berichtet darüber seit dem 5. Februar 2019. Auch wir gehen davon, dass die Zinsklauseln in allen von uns geprüften Prämiensparverträgen unwirksam sind.

Derzeit seien nach Auskunft der VZ Sachsen Kunden der Sparkassen in Leipzig, Meißen, Bautzen, Muldental, Zwickau, Mittelsachsen, im Erzgebirge und Vogtland mit ihren Verträgen in der Prüfung. Aufgrund der Berichterstattung unter anderem durch das MDR-Magazin „Umschau“ hätten sich bei der Verbraucherzentrale Sachsen inzwischen auch Verbraucherschützer aus Baden-Württemberg und Hessen gemeldet, wonach auch dort falsche Zinsberechnungen vermutet würden.

Außerdem halten es der Präsident des Ostdeutschen Sparkassenverbandes und auch die Verbraucherzentrale Sachsen für wahrscheinlich, dass auch Kunden anderer Banken und Kreditinstitute (etwa die Volksbanken) mit ähnlich variabel angelegten Sparverträgen betroffen sein können.

Unklare Klauseln

Wer in den 1990er-Jahren bei den Sparkassen langfristige Sparverträge abschließen wollte, landete in der Regel bei „Prämienspar flexibel“. Neben gestaffelten Boni sahen die Verträge einen variablen Zinssatz zwischen drei und fünf Prozent vor. Doch nach und nach wurde der Zinssatz weiter abgesenkt und liegt in den heutigen Niedrigzinszeiten bei mageren 0,001 Prozent. Fraglich ist aber, nach welchen Kriterien die Absenkung geschehen ist. In den entsprechenden Vertragsklausen heißt es nämlich nur: „Die Spareinlage wird variabel, zur Zeit mit 3 Prozent verzinst.“ und „Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz am Ende des Kalenderjahres eine verzinsliche S-Prämie.“ Das finden die Verbraucherschützer recht unscharf, weil nicht daraus hervorgeht, in welcher Weise die Zinsen an die Zinsentwicklung am Markt angepasst wurden.

BGH-Urteile zur Zinsanpassung Az.: XI ZR 140/03 vom 17.02.2004
AZ.: XI ZR 211/07 vom 10.06.2008
Az.: XI ZR 52/08 vom 21.12.2010
Az.: XI ZR 197/09 vom 13.04.2010
AZ.: XI ZR 508/15 vom 14.03.2017

Eindeutige Rechtsprechung

Allerdings gibt es höchstrichterliche Urteile, die klar vorgeben, wie die Zinsen anzupassen sind. Aufgrund dieser Entscheidungen haben wir Sparverträge stichprobenartig analysiert. Dabei kam heraus, dass den meisten Sparern nicht genügend Zinsen gezahlt wurden. Wer etwa vor 25 Jahren angefangen hat, monatlich 100 DM bzw. 51,13 Euro einzuzahlen, dem könnte nach unseren Berechnungen ein mittlerer vierstelliger Zinsbetrag entgangen sein. „Wenn sich schon viele Sparkassenkunden mit der Kündigung ihres Sparvertrages abgefunden haben, dann sollten nicht noch auf die Zinsen verzichten, die ihnen zustehen“, so der Fachanwalt für Bank- Kapitalmarkrecht Dr. Storch.