Prämiensparverträge: Sparkasse MOL erstmals zur Zahlung von rund 7.500 € Zinsen verurteilt

Erste Verurteilung in Brandenburg

Erstmals ist die Sparkasse Märkisch-Oderland in einem Sparvertragsverfahren zur Zahlung von rund 7.500,00 € an Zinsen verurteilt worden. Die 9. Zivilkammer (Bankenkammer) des Landgerichts Frankfurt/Oder gab unseren Mandanten Recht und verurteilte die Sparkasse MOL mit Urteil vom 02.11.2021 zur Zahlung von 7.429,90 € (Urteil ist noch nicht rechtskräftig). Das Urteil ist das erste in Brandenburg, in dem eine Sparkasse zur Zinsnachzahlung aus einem Prämiensparvertrag verurteilt worden ist und das Gericht sich der gutachterlichen Berechnung der Verbraucherzentrale angeschlossen hat.

Verjährung der Zinsansprüche droht

„Das Urteil hat herausragende Bedeutung, weil die Sparkasse versucht hatte, derartige Urteile bis Ablauf des Jahres 2021 zu verhindern“, so Dr. Storch in seiner Bewertung. „Denn bei den 2018 gekündigten Sparverträgen der Sparkasse MOL läuft die Verjährung am 31.12.2021 ab, so dass danach -sofern die Verjährung nicht gehemmt worden ist – Zinsforderungen nicht mehr erfolgsversprechend geltend gemacht werden können“, so der Spezialist für Sparkassenfälle. Zudem hat die Bankenkammer angekündigt, in der nächsten Woche weitere Urteile gegen die Sparkasse MOL auszusprechen. Die Sparkasse MOL hatte bis zuletzt Vergleichsvorschläge des Gerichts abgelehnt und wohl darauf gehofft, dass die mangelnde Vergleichsbereitschaft andere Betroffene davon abhält, ihre völlig berechtigten Zinsansprüche gerichtlich durchzusetzen. Der Bundesgerichtshof (XI ZR 234/20) hatte erst kürzlich entschieden, dass die Verjährung derartiger Zinsansprüche erst mit Kündigung des Vertrages beginnt. Dies eröffnet den betroffenen Sparern die Möglichkeit, sämtliche seit Vertragsschluss vorenthaltende Zinsen von den Sparkassen einzufordern. Einige Experten vermuten, dass besonders kleinere Sparkasse die Erstattung von Zinsen in derartigen Größenordnungen wirtschaftlich nicht verkraften werden. Kunden der Sparkasse MOL sind daher aufzufordern, ihre Ansprüche unbedingt noch bis Ende 2021 entweder durch einen Rechtsanwalt bei Gericht geltend zu machen oder sich zumindest an der geplanten Musterfeststellungsklage der Verbraucherzentrale Bundesverband anzuschließen, damit auf jeden Fall die Verjährung verhindert werden kann.

Ehepaar vor Gericht erfolgreich

Die Kläger hatten im Jahre 1996 einen Prämiensparvertrag „S-Prämiensparen flexibel“ mit der Sparkasse MOL abgeschlossen. Nachdem die Kläger die Sparkasse MOL erfolglos zur Neuabrechnung des Vertrages aufgefordert hatten, beauftragten sie Fachanwalt Dr. Storch mit der klageweisen Durchsetzung ihrer Zinsforderung. Die Kläger haben nun vor dem Landgericht Frankfurt/Oder voll obsiegt und die Bankenkammer ist bei der Höhe der Zinserstattung dem von den Eheleuten eingeholten Gutachten wie folgt gefolgt:

„Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Zinsänderung im streitgegenständlichen Prämiensparvertrag nach dem substantiierten Vortrag der Kläger nach dem Referenzzins WX 4260,
monatlich, gleitend, ohne Anpassungsschwelle und mit einem relativen Zinsabstand vorzunehmen, so dass sich im Ergebnis der von ihnen vorgetragene Zinsnachzahlungsanspruch ergibt.
aa)
Die Kammer hält den von den Klägern bezeichneten Referenzzinssatz WX4260 für geeignet, die
Lücke in den beiden Prämiensparverträgen zu schließen und für die Zinsanpassung heranzuziehen.
Es handelt sich hierbei – den Vorgaben des BGH entsprechend (s.o.) – um einen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzins, der von unabhängigen Stellen nach einem genau
festgelegten Verfahren ermittelt wird und die Bank nicht einseitig begünstigt (BGH, Urteil vom
19 O 54/20 – Seite 13 –
13.04.2010, XI ZR 197/09, Rz. 21 mwN.).
Der Referenzzins WX 4260 ist ein Zinssatz der Deutschen Bundesbank, der auf der Umlaufrendite inländischer Inhaberschuldverschreibungen/Hypothekenpfandbriefe beruht, ist öffentlich zugänglich, auf der Homepage der Bundesbank abrufbar und kann weder zugunsten der Klägerin
noch der Beklagten beeinflusst werden (OLG Dresden, Urteil vom 22.04.2020, 5 MK 1/19, Rz.
91).
Bei dem Referenzzins WX 4260 handelt es sich ferner um diejenige Größe des Kapitalmarktes,
die dem konkreten Geschäft – hier also den zwischen den Parteien abgeschlossenen Prämiensparverträgen – möglichst nahe kommt, weil er die maßgebliche Langfristigkeit der mit dem Sparvertrag von den Klägern bezweckten Anlage abbildet und mit einer mittleren Restlaufzeit von 9 bis
10 Jahren mit dem voraussichtlichen Verbleibe der Anlage bei der Bank korrespondiert (vgl. LG
Deggendorf, Urteil vom 24.09.2020, 31 O 323/20, Rz. 51).
Vor diesem Hintergrund kommt es bei der Bestimmung des anzuwendenden Referenzzinses
nach Auffassung der Kammer auf die jederzeitige Kündigungsmöglichkeit der Kläger und die Mittelverwendung der Beklagten nach der Markzinsmethode auf der Basis einer durchschnittlichen
Haltedauer von 5 Jahren und einer Kapitalbindung von 7,5 Jahren – wie von der Beklagten behauptet – nicht an.
Der BGH hat es in dem Urteil vom 06.10.2021 (vgl. Pressemitteilung XI ZR 234/20) ausdrücklich
als interessengerecht angesehen, nach dem Konzept der auf langfristiges Sparen angelegten
Sparverträge einen Zinssatz für langfristige Spareinlagen als Referenz für die Verzinsung von
Spareinlagen heranzuzuziehen“.

Sobald das Gericht wie angekündigt die weiteren Urteile erlässt, werden wir an dieser Stelle berichten.